
Redaktionelle Überschriftengestaltung
Für eine optimale Gestaltung von Überschriften sind von redaktioneller Seite Überlegungen zu Formulierung, Anordnung und Gruppierung zu berücksichtigen. Teilweise sind Anforderungen aus den zu beachten, teilweise sind Bedürfnisse der Zielgruppen im Hinblick auf die Nutzungsfreundlichkeit umzusetzen.
Die folgenden Hinweise für die redaktionelle Gestaltung gelten sowohl für Webseiten als auch für Dokumente.
Formulierung einer Überschrift (Texting)
Überschriften, die den folgenden Inhalt zusammenfassen, verbessern maßgeblich die Barrierefreiheit und Nutzungsfreundlichkeit von Informationen. Die Formulierung von Überschriften zählt daher zu den zentralen Aufgaben von redaktioneller Arbeit.
Knappe und präzise Zusammenfassung
Überschriften sollten in der Regel so formuliert werden, dass sie den folgenden Inhalt gut zusammenfassen, also knapp und präzise. Auf diese Weise erleichtern sie das Verständnis der folgenden Inhalte. Gleichzeitig unterstützen sie Menschen, die sich einen Überblick über eine Seite verschaffen wollen, also „diagonal“ lesen. Präzise Überschriften erleichtern aber vor allem auch, sich mit einem Screen Reader einen Überblick über eine Seite zu verschaffen.
Schlechte Beispiele
Worauf warten?
als Überschrift für ein Anmeldeformular.
Ausnahmen für die Zusammenfassung des Inhalts
Es gibt Kontexte, in denen bewusst in der Überschrift der folgende Inhalt nicht zusammengefasst wird. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Pointe eines Witzes nicht vorweggenommen werden soll.
Beispiel: Pointe nicht vorwegnehmen
Sehen wir uns folgenden, zugegeben als solchen sehr schwachen Witz an.
Zwei Männer stehen auf einem Hochhausdach. Der erste schlägt eine Wette vor: "Ich wette mit Dir, dass ich hier runterspringen kann und mit einem Wackeln der Finger wieder zu Dir aufs Dach fliegen werde." Der Zweite schlägt ein und der erste springt und schafft es tatsächlich zurück auf das Dach. Voller Staunen lässt sich der Zweite das Ganze nochmals zeigen und erwidert nach erfolgreicher Vorführung: "Wenn Du das schaffst, kann ich das auch." Der erste Mann schlägt ein und der zweite springt vom Dach und wird am Boden zerschmettert. Der Erste triumphiert am Dach: "Schon gut, wenn man der Superman ist."
Dieser Witz wird Ihnen ein mühsames Lächeln entlockt haben. Zum Brüllen ist aber, wie mir ein sehr guter Freund vor Jahren den Witz präsentierte. Mein Freund eröffnete mit: "Kennst Du schon den Witz vom Superman?"
Ich erzähle diese Anekdote gerne in dieser Reihenfolge und ernte regelmäßig vorerst ein freundliches HaHa und ein herzhaftes Gelächter über die Variante mit der Vorwegnahme der Pointe. Der Witz erhält einfach zweckmäßigerweise nicht die Überschrift "Der Witz vom Superman".
Wortgebrauch (Wording)
Konsistenter Wortgebrauch
Ausdrücke und Formulierungen sollten innerhalb des Webauftritts konsistent verwendet werden. Das ist für das Verständnis von Überschriften und Navigationsmechanismen empfehlenswert, auch wenn etwa folgende Ausdrücke die gleiche Bedeutung und Funktion haben können:
- Weiterführende Informationen
- Ergänzende Informationen
- Siehe auch
Anfang des Überschriftentextes
Screen Reader verfügen über die Funktionalität, eine Liste aller Überschriften von einer Webseite in einem eigenen Dialogfenster zu erstellen. Das Drücken eines Buchstabens führt zum ersten Eintrag in der Liste mit dem jeweiligen Buchstaben am Anfang. Auf einer Wikipedia-Seite zu einem Land führt das Drücken von G beispielsweise zu Geografie, Geschichte, usw. jeweils in der Reihenfolge des Auftretens im Code der Webseite. Dies ist für Nutzer von Screen Readern eine wertvolle Navigationshilfe.
Deshalb sollten am Beginn einer Überschrift folgende textuelle Empfehlungen nach Möglichkeit berücksichtigt werden:
Falsch | Richtig |
---|---|
Die Geschichte Tirols | Geschichte Tirols |
Zur Geschichte Tirols | Geschichte Tirols |
Informationen zur Geschichte Tirols | Geschichte Tirols |
„Geschichte Tirols“ | Geschichte Tirols |
Werden diese Empfehlungen nicht beachtet, liefert der Screen Reader jeweils eine Liste hauptsächlich mit den Anfangsbuchstaben D, Z oder I.
Aus demselben Grund sollten auch Satzeichen und Sonderzeichen am Anfang der Überschrift weithin vermieden werden (", >, →, ...): Sie verhindern den Navigationsmechanismus des Screen Readers mit dem Anfangsbuchstaben.
Anordnung von Überschriften
Zur Strukturierung von Inhalten empfiehlt sich der Einsatz von Methoden zur Verbesserung der Nutzungsfreundlichkeit (Usability Engineering). Die Inhaltsabschnitte können nach der Durchführung entsprechender Methoden redaktionell mit Überschriften in einer angemessenen technischen Überschriftenhierarchie eingebettet werden.
- Neben dem Hauptinhalt sollte auch für den Fußbereich und andere Seitenregionen der Einsatz von Überschriften überlegt werden.
- Verwandte Webseiten sollten bei Anordnung und Formulierung der Überschriften über ein einheitliches Erscheinungsbild verfügen.
Gruppieren der Inhalte
Zur inhaltlichen Strukturierung einer Webseite oder eines Dokuments können folgende Schritte hilfreich sein:
- Formuliere knapp und präzise eine Überschrift für den Seiteninhalt.
- Überlege, welche Themenbereiche aus der Hauptüberschrift vorgegeben sind.
- Schreib die Themenbereiche auf Kärtchen oder in eine einfache Textdatei.
- Versuche, die Themen auf eine überschaubare Anzahl an Hauptthemen zu reduzieren und untergeordnete Inhalte zuzuweisen.
- Erstelle aus diesen Überlegungen ein Inhaltsverzeichnis und überlege, ob die Formulierung und Anordnung der Inhalte angemessen ist.
- Wiederhole den Vorgang bei offensichtlichen Unstimmigkeiten.
Für eine konsistente Überschriftenhierarchie dürfen innerhalb eines Bereichs Überschriftenebenen nicht übersprungen werden. Auf Ebene 2 folgt Ebene 3 oder eine weitere Überschrift der Ebene 2. Auf Ebene 2 darf nicht unmittelbar Ebene 4 folgen.
Reihenfolge der Überschriften
Was auf einer Webseite vermutlich ein Inhalt von höherer Relevanz ist, sollte möglichst bald auffindbar sein.
Ein gleich gewichtiges Kriterium für die Reihung von Inhalten ist die Erwartungshaltung für das Surfen auf einer einzelnen Webseite. Dass das Altertum vor dem Mittelalter und der Neuzeit kommen soll, ist unumstritten. Aber soll eine Zusammenfassung am Anfang oder Ende eines Webartikels angeordnet sein?
Gerade bei größeren Artikeln sollte sich die Reihenfolge nicht nach der chronologischen Erarbeitung richten. Es zahlt sich also aus, beim Redigieren einer Webseite auch die Reihung der Überschriften zu überdenken.
Prüfen der Reihenfolge
Um die Reihenfolge der Inhalte für die Nutzung zu reflektieren, kann etwa folgendermaßen vorgegangen werden:
- Sammle die Hauptüberschriften des Inhaltsbereichs (
main
) auf Kärtchen oder in einen Editor. Auf Webseiten sind dies in der Regel die Überschriften der Ebene 2. - Überlege, welche Inhalte dem Erfahrungshorizont und den Interessen deiner Zielgruppe entsprechend an einer bestimmten Stelle gereiht werden sollten. Reihe die Kärtchen oder Textabschnitte entsprechend.
- Lege die Inhalte auf der Webseite entsprechend der ermittelten Reihung fest.
- Wiederhole diese Prozedur innerhalb eines Abschnittes für dessen Unterabschnitte.
WCAG Erfolgskriterien
- 2.4.6 Überschriften und Beschriftungen
- Vorhandenen Überschriften müssen den folgenden Inhalt aussagekräftig beschreiben.
- 2.4.10 Abschnittsüberschriften
- Konformitätsstufe AAA
- Textabschnitte sind zur Strukturierung mit Überschriften zu versehen.
- 3.2.4 Konsistente Identifikation
- Komponenten mit derselben Funktion müssen innerhalb eines Webauftritts gleichlautend beschriftet werden. Ausgenommen sind etwa Sprachversionen innerhalb eines Auftritts.
- Überschriften fallen zwar nicht in den strikten Anwendungsbereich des Erfolgskriteriums 3.2.4. Fachausdrücke sollten jedoch auch in Überschriften gleichlautend verwendet werden.
- 1.3.2 Bedeutungstragende Reihenfolge
- Wenn die Abfolge der Überschriften von Relevanz für die Bedeutung des Inhalts ist, muss die Abfolge auch technisch bedeutungstragend dargestellt werden können. Dies kann durch Umgruppieren von Inhalt mittels CSS oder unsorgsame Realisierung von PDF-Dateien beeinträchtig sein.